Beschäftigungsformen
Die wohl häufigste Frage lautet: „Sind meine Mitarbeiter angestellt oder freiberuflich?“ Denn in der Praxis verschwimmen die Grenzen. Techniker, Stagehands, Musiker oder Hostessen arbeiten oft projektweise, sind aber eng in den Ablauf eingebunden – Weisungsgebundenheit und Eingliederung sprechen dann schnell für ein Arbeitsverhältnis (§ 611a BGB).
Scheinselbstständigkeit ist dabei kein Kavaliersdelikt. Wird sie von der Deutschen Rentenversicherung festgestellt, drohen:
- Nachzahlungen der Sozialversicherungsbeiträge (bis zu 4 Jahre rückwirkend),
- Säumniszuschläge,
- ggf. Strafverfahren wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB).
Tipp: Wenn jemand ausschließlich für einen Auftraggeber tätig ist, feste Arbeitszeiten hat und dessen Material nutzt, ist er regelmäßig nicht selbständig – auch wenn der Vertrag anders lautet.
Verträge mit Crew, Technik & Security
Im Veranstaltungsbereich sind flexible Vertragsmodelle üblich:
- Befristete Arbeitsverträge (§ 14 TzBfG) für einzelne Events,
- Freie Mitarbeiterverträge für projektbezogene Leistungen,
- Werkverträge für abgegrenzte Ergebnisse (z. B. Bühnenaufbau, Lichtdesign).
Doch Vorsicht: Der Vertragstyp allein entscheidet nicht über die Rechtsnatur – die tatsächliche Durchführung ist maßgeblich. Ein „freier Techniker“, der in die Veranstaltungsleitung eingegliedert ist und Anweisungen erhält, ist arbeitsrechtlich gesehen Arbeitnehmer.
Arbeitszeit, Ruhezeiten & Sicherheit
Die Arbeitszeitgesetze (ArbZG) gelten auch bei Events – trotz Nachtarbeit, Wochenendshows und unregelmäßiger Abläufe. Wesentliche Punkte:
- Max. 10 Stunden tägliche Arbeitszeit (§ 3 ArbZG),
- 11 Stunden ununterbrochene Ruhezeit (§ 5 ArbZG),
- Sonn– und Feiertagsruhe mit begrenzten Ausnahmen (§ 9 ArbZG),
- Dokumentationspflicht für Arbeitszeiten (§ 16 ArbZG).
Verstöße sind Bußgeldtatbestände. Gerade bei Tourneen und Großveranstaltungen sollten Zeitpläne rechtzeitig mit dem Arbeitsrecht abgeglichen werden.
Sozialversicherung & Künstlersozialkasse (KSK)
Ein zentrales Thema: Sozialversicherungspflicht. Grundsätzlich gilt:
- Arbeitnehmer – pflichtversichert (Krankenversicherung, Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung, Pflegeversicherung),
- Selbständige – meist freiwillig versichert,
- Künstler und Publizisten – über die Künstlersozialkasse (KSK).
Die KSK ermöglicht es selbständigen Kreativen, sich gesetzlich zu versichern, während Auftraggeber eine Künstlersozialabgabe (ca. 5 %) zahlen müssen (§ 24 KSVG). Das betrifft auch Veranstalter, die regelmäßig Künstler beauftragen. Gerade kleinere Veranstalter wissen oft nicht, dass sie abgabepflichtig sind – und werden bei Betriebsprüfungen unangenehm überrascht.
Arbeitsschutz & Haftung
Veranstalter tragen eine Fürsorgepflicht für alle Beschäftigten (§ 618 BGB). Das umfasst:
- Sicherheitsunterweisungen,
- Bereitstellung geeigneter Schutzausrüstung,
- Pausen– und Verpflegungsregelungen,
- medizinische Notfallvorsorge.
Bei Unfällen haften Veranstalter sowohl zivil- als auch strafrechtlich, insbesondere bei grober Fahrlässigkeit. Deshalb sollte jeder Produktionsplan auch ein Arbeitsschutzkonzept enthalten – abgestimmt mit Fachkräften für Arbeitssicherheit und der Berufsgenossenschaft.
Vergütung, Gagen & Mindestlohn
Seit dem Mindestlohngesetz (MiLoG) gilt: Auch im kreativen Bereich ist der Mindestlohn verbindlich. Er beträgt (Stand 2025) 12,41 Euro pro Stunde.
Ausnahmen sind selten – etwa bei echten Ehrenamtlichen oder Praktika zur Orientierung.
Gagen von Künstlern können zwar frei vereinbart werden, sollten aber vertraglich transparent gestaltet sein: Netto- oder Bruttobetrag, Zahlungsfristen, Reisekosten, Steuerabzug (§ 50a EStG bei ausländischen Künstlern).
Es existieren auch Tarifverträge des Deutschen Bühnenvereins (NV Bühne, TV Gast, TV für Musiker in Konzert- und Theaterorchestern), diese sind für Theater und Orchester in öffentlicher Trägerschaft verpflichtend.
Fazit
Die Veranstaltungsbranche braucht Flexibilität – aber rechtlich sauber geregelte Strukturen. Das Arbeits- und Sozialrecht schafft genau diesen Rahmen: klare Beschäftigungsverhältnisse, faire Vergütung, Absicherung und Sicherheit für alle Beteiligten. Wer die Regeln kennt, kann Projekte mit ruhigem Gewissen realisieren – und vermeidet teure Nachzahlungen, Bußgelder oder Streitigkeiten.